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Ein Vorhaben auf lange Sicht

Data publikacji: 27 grudnia 2017 r. 22:39
Ostatnia aktualizacja: 28 czerwca 2018 r. 11:44
Ein Vorhaben auf lange Sicht
 

„Es bringt nichts, das Gras in die Höhe zu ziehen, denn schneller wird es nicht wachsen” sagt Ewa Poddig, Leiterin der Städtischen Bibliothek in Pasewalk. Sie kommt aus Polen und lebt seit 30 Jahren in Pasewalk.

Mitte November lud der Buchklub der Bibliothek die Pasewalker Bürgermeisterin Sandra Nachtweih und den stellvertretenden Stettiner Stadtpräsidenten Krzysztof Soska zum diesjährigen bundesweiten Vorlesetag ein. Sie lasen beide in deutscher und/oder polnischer Sprache Auszüge aus dem Buch „Za niebieskimi drzwiami” von Marcin Szczygielski. Das Buch war in Polen vor einigen Jahren erschienen, die deutsche Übersetzung von Thomas Weiler „Hinter den blauen Türen” wurde vor ein paar Monaten veröffentlicht.

„Das ist ein phantastisches Kinderbuch” lobt Katarzyna Werth. Sie lebt mit Mann und zwei Kindern in Löcknitz und arbeitet in Pasewalk. Mit Ewa Poddig trifft sie ziemlich oft zusammen, u.a. bei den Treffen des Deutsch-Polnischen Vereins für Kultur und Integration e.V. in Pasewalk, dessen Mitglieder sie sind.

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Der kleine Saal des Buchklubs ist farbenfroh: einige Tische, Stühle, große Kissen zum Hinsetzen, Bücherregale in denen deutsche und auch einige polnische Bücher stehen.

In einem besonderen Regal steht neben „Akademia pana Kleksa” der Titel „Die Akademie des Meisters Klex” und neben „Lokomotywa” steht „Die Lokomotive”. Daneben findet man zum Aufwärmen einige Bände der „Legendy sianowskie” („Legenden aus Sianów”), eine Sammlung deutsch-polnischer (pommerscher) Märchen. Schön sieht die polnische Übersetzung „Śnieżek, kim jestem” des populären deutschen Titels „Schneeball, wer bin ich?” aus, geschrieben von den bekannten türkisch-deutschen Autoren Ibrahim Cayira und Mustafa Cabe und illustriert von Esin Sahin. Das Buch wurde in verschiedene Sprachen übersetzt und ist reich illustriert. Es gibt auch polnische Bücher und Alben – ein Geschenk der Stadt Police (Pölitz), mit der Pasewalk seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Neben „Polnischen Wundern” („Cuda Polski”) steht ein farbiges deutsch-arabisches Wörterbuch.

Das Buch „Za niebieskimi drzwiami” „Hinter den blauen Türen” erzählt von den Problemen des 12-jährigen Łukasz. Deshalb waren gleichaltrige Jungen aus der nahe gelegenen Grundschule zur Lesung eingeladen. Sie hörten zu. Das Buch gefiel ihnen, das Vorlesen auch.

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Ewa Poddig, Katarzyna Werth und der in Pasewalk aktive Deutsch-Polnische Verein für Kultur und Integration ermutigen zum Lernen der polnischen Sprache. Einfach ist das nicht. Eine Methode, die Kinder mit der Sprache vertraut zu machen, ist eben das Vorlesen aus Büchern auf deutsch und auf polnisch.

„Wir haben angekündigt, dass wir aus ‚Ptasie Radio’ (Vogelradio) und ‚Lokomotywa’ von Julian Tuwim vorlesen werden. Zur ‚Lokomotywa’ erschien niemand, zu ‚Ptasie Radio’ kamen drei Kinder. Mit dem Publikumsinteresse verhält es sich auch bei anderen Veranstaltungen ganz unterschiedlich. Aber man darf die Dinge nicht mit Gewalt angehen. Wir wollen es nicht übertreiben und deswegen keine spezielle Werbekampagne für die polnische Sprache starten. Wenn wir ein normales Vorlesen organisieren, nicht speziell auf polnisch oder deutsch, sondern einfach nur so, kann es durchaus passieren, dass bis zu einem Dutzend Personen kommen” sagt Ewa Poddig.

Mit der polnischen Sprache gehen sie also behutsam um. Wenn im Buchklub aus deutschen Büchern vorgelesen wird, fügt der Vorleser einzelne polnische Wörter ein. Denn es geht darum, die Zuhörer für die Sprache zu interessieren, sie sollen hören wie sie klingt, die andere Melodie erkennen, den anderen Akzent. Wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt, sollen sie auch Gemeinsamkeiten in den Sprachen mitbekommen. Schließlich klingen „Pfeffer” und „pieprz” ähnlich, „Gurke” und „ogórek” ebenfalls, auch „plac” und „Platz”, „auto” und „Auto”, schließlich „kartofel” und „Kartoffel” (polnisch männlich, deutsch weiblich).

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Zunächst organisierte die Bibliothek „Interkulturelle Märchenstunden”. Bei dem ersten Treffen lasen der damalige Pasewalker Bürgermeister Rainer Dambach und der Bürgermeister aus Police Władysław Diakun vor. Der Buchklub eröffnete im Frühjahr 2017. Die Raumausstattung wurde aus Mitteln des Landesprogramms „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung” gefördert. Zur Eröffnung reiste eine Gruppe aus Police an und brachte Bücher mit. Auf polnisch las Autor Kriś Tuszyński Auszüge aus seinem Buch „Naprawdę dzikie historie z Mazur” vor, dann folgte Peter Ostendorf, Herausgeber der deutschen Übersetzung, mit Auszügen aus „Echt tierische Geschichten aus Masuren”.

„Wir ermuntern die Kinder zum Lernen der polnischen Sprache auf eher sanfte Art”, sagt Katarzyna Werth. „Aber in letzter Zeit fällt es uns wohl schwerer. Die politische Atmosphäre meint es nicht gut mit uns”.

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In Pasewalk wählen die Eltern für ihre Kinder vor allem Englisch. In Stettin ist das genauso, dort lernen auch immer weniger Kinder Deutsch.

„Schließlich gibt es doch in der Grenzregion so viele Gelegenheiten, die gelernte Sprache praktisch anzuwenden. So viele Polen fahren nach Deutschland, so viele Deutsche nach Polen um einzukaufen oder die Philharmonie in Stettin zu besuchen, oder sie verbringen ihren Urlaub in Polen”, sagt Ewa Poddig. „Es würde ihnen soviel leichter fallen, wenn sie wenigstens einige Worte verstehen bzw. sprechen könnten”.

„Wir geben uns Mühe, den Menschen in Pasewalk zu zeigen, dass es von Vorteil ist, wenn man zumindest etwas Polnisch kann. Wir öffnen ihnen die Augen, aber wir wollen es auch nicht übertreiben, nicht als Missionarinnen auftreten. Es muss sanft geschehen, auf lange Sicht angelegt sein. Hauptsächlich kümmern wir uns um die Kinder”, ergänzt Katarzyna Werth.

Plötzlich erklärt Ewa Poddig, dass sie im kommenden Jahr auf jeden Fall konsequent Treffen zum Lernen der polnischen Sprache organisieren will, unabhängig davon, wie viele Personen am Anfang mitmachen. „Vielleicht entwickelt es sich dann zu einer Gewohnheit? Vielleicht trägt die Hartnäckigkeit schließlich Früchte? ”

Auch wenn es nichts bringt, am Gras zu ziehen – es zu pflegen, lohnt auf jeden Fall.

Bogdan TWARDOCHLEB

Photo. Bogdan TWARDOCHLEB

Anfang Dezember organisierte der Deutsch-Polnische Verein für Kultur und Integration das jährliche Oblatenbrechen in der Katholischen Kirche St. Otto in Pasewalk, die Nikolausfeier in Löcknitz und den deutsch-polnischen Adventsmarkt im grenznahen Hintersee.

Aus dem Polnischen von Ruth Henning

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